Olympia | Constantin Preis: vom Hindernisse überspringen und dem Landen danach
Die olympische Sportart, bei der die Sportfans vor dem Fernseher wohl am leichtesten mitmachen könnten, wäre wohl das Laufen in der Leichtathletik. Was aber, wenn zehn Hürden auf der Strecke stehen, die man laut Regelwerk nicht umgehen darf und außerdem definitiv zu niedrig ist, um gebückt darunter hindurchzusteigen?
Der lange Anlauf auf die Hürden mit ebenso vielen Höhen und Tiefen
Constantin Preis ist eine der Personen, die sich dem Hürdenlauf verschrieben haben. Wenn er im Startblock in Position geht und auf die vor ihm liegende Strecke blickt, ganze 400 Meter bis zum Ziel, sieht er Hindernisse, die es zu überwinden gilt. Eine einzige davon nicht sauber zu überspringen kann schmerzhaft sein, doch sie wirft ihn auch im Rennen zurück.
Dabei ist jede Vorbereitung auf den Hürdenlauf, jede freie Strecke zwischen den Hindernissen nur die letzte Überwindung in der langen Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Paris. Sebastian Marcard, Preis‘ Heimtrainer beim VfL Sindelfingen, blickt realistisch auf die letzten Jahre des Trainings zurück: „Wir sind beide in die Welt der Besten der Rangliste hineingewachsen und müssen das auch anerkennen. Es ist einfacher von Null nach oben zu schießen, als sich dort oben auch langfristig zu halten.“
Vor den Olympischen Spielen hatte die Saison ihre Höhen und Tiefen erlebt, mit frustrierenden und begeisternden Momenten. Mit nahezu regelmäßig auftretenden Muskelfaserrissen seit 2021 musste sich Preis immer wieder von neuem zu einer Lockerheit im Wettkampf überwinden. Und dennoch: Mit einer Zeit von 48:45 Sekunden auf seiner bevorzugten 400 Meter Strecke ist er der viertschnellste Hürdenläufer Deutschlands aller Zeiten.
Den Absprung in Paris schaffen und danach auch richtig landen
Vor Ort in Paris kann Marcard seinem Athleten nicht beistehen, doch Preis kann dennoch auf seine Unterstützung zählen. Tägliche Telefonate inklusive Videoanalyse der letzten Trainingseinheiten, ein Austausch über bestehende und aufkommende Eindrücke aus dem Olympischen Dorf und das gemeinsame Teilen der Nervosität vor dem näherkommenden Wettkampf gehören zur Routine des eingespielten Teams.
Innerhalb der olympischen Blase der Athleten ist der erfahrene Hürdenläufer auf seine eigene Intuition angewiesen. Die finalen Trainingseinheiten passt Preis seiner Tagesform an: wer einen halben Tag Anfahrt nach Paris und Einchecken im Olympischen Dorf hinter sich hat, darf auch einen Trainingslauf weniger in der Vorbereitung machen, um dem eigenen Körper Erholung zu geben.
Doch wer glaubt, es seien ausschließlich Hürdenläufer, die direkt vor ihrem Startschuss auf Hindernisse in ihrem Wettbewerb blicken, täuscht sich. Jeder habe vor etwas Angst: der eine davor, es ins Halbfinale zu schaffen, der andere nur den Hoffnungslauf zu erreichen. Dieses Hinterfragen kommt mal als verspätete Blockade von vergangenen Verletzungen, mal aus dem psychologischen Druck der eigenen Erwartungen. Für das Trainer-Athleten-Team Preis/Marcard steht trotz allem fest: „Egal, ob es dieses Mal mit der Finalteilnahme oder einer Medaille funktioniert, es kommt darauf an wie man wieder aufsteht, was man daraus lernt, und wie geduldig man mit den Erkenntnissen umgeht.“
In Paris geht es aber nicht ausschließlich darum Erfahrungen zu sammeln, sondern ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Für Preis ist es das Ziel eine gute Zeit – in seinem Fall eine 48 vor dem Komma – und mindestens der Einzug ins Halbfinale.