Olympia | Velten Schneider gibt heute sein Olympia-Debüt
„Man spürt den olympischen Spirit“ zieht Schneider ein erstes Fazit von der Stimmung in Paris. Am Freitag war er noch im Höhentraining in St. Moritz in der Schweiz aufgewacht, bevor er für eine Nacht nochmal nach Hause nach Stuttgart fuhr. Am Samstag erfolgte dann die Anreise nach Paris ins Olympische Dorf.
Seinen ersten Eindruck dort schildert er so: „Es ist etwa, wie ich es mir vorgestellt habe. Man lebt ein bisschen wie in einer Kommune.“
Dass er selbst Teil dieser Kommune sein würde, hätte er noch kurz nach seinem Deutschen Vizemeistertitel in Braunschweig selbst nicht für möglich gehalten. Zu viele Athleten waren in der Weltrangliste vor ihm platziert. Dass er doch nominiert wurde, erfuhr er, während er gerade auf einem Konzert war: Weil der schwedische und der britische Verband einige über die Weltrangliste qualifizierte Athleten zuhause ließ, rückten die knapp dahinter platzierten Athleten nach, und Schneider hatte auf einmal einen Startplatz für Olympia.
Den letztlich wohl wichtigsten Schritt dafür hatte er am 26. Mai in Brüssel getan, als er in 8:20,94 Minuten seine persönliche Bestzeit um mehr als sechs Sekunden verbesserte. Damit unterbot er die Norm für die EM in Rom sowie die Leistungsbestätigungsnorm des DLV für die Olympischen Spiele um gut vier Sekunden und sammelte wichtige Punkte für die Weltrangliste.
Dass er es einmal so weit geschafft hat, hat er nach eigener Aussage vor allem Harald Olbrich zu verdanken, der Anfang 2021 verstarb. Schneider ist noch heute dankbar für seinen langjährigen Trainer: „Er hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin“. In den letzten Jahren arbeitete er mit Leo Monz-Dietz zusammen, vieles macht er gleichzeitig aber auch in Eigenregie.
Diese erfordert sein Studium der Humanmedizin, das er parallel zum Leistungssport betreibt. Zwei Tätigkeiten, die sich nach seinem Gefühl gegenseitig befruchten, die aber auch einen hohen Organisationsaufwand erfordern. Deshalb möchte er sich in naher Zukunft seiner Doktorarbeit widmen, was ihm mehr Freiheiten bei der Vereinbarkeit mit dem Training erlaubt.
Ein Faktor, der ihm zufolge seinen Leistungssprung mit ermöglicht hat, war die Umstellung auf laktatgesteuertes Schwellentraining, eine Trainingsmethode, die sich von Norwegen ausgehend mittlerweile im Mittel- und Langstreckenlauf durchgesetzt hat. Dabei wird weniger auf hochintensives und mehr auf kontrolliertes Tempotraining an der individuellen Laktatschwelle gesetzt. Laut Schneider ein richtiger „Game Changer“, der die Ursache für das höher gewordene Leistungsniveau in der Weltspitze sei.
Für Schneider bedeutete die persönliche Leistungssteigerung einen Startplatz bei der EM Anfang Juni in Rom, wo er sich einen Platz im Finale erkämpfte. Nach dem anschließenden Gewinn der Deutschen Vizemeisterschaft ging es wie geplant ins Höhentrainingslager nach St. Moritz – das schließlich zum Vorbereitungstrainingslager für Paris wurde.
Den olympischen Vorlauf geht er ohne große Erwartungen an. „Ich kann nicht verlieren. Gleichzeitig ist das Rennen aber auch eine Riesenchance, bei der alles möglich ist.“ Viele seiner Unterstützer werden im Stade de France live dabei sein. Auch deshalb sagt Schneider: „Ich möchte ein Rennen machen, auf das ich stolz sein darf.“